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Gehäusedichtungen selbst gemacht

Papier-Dichtungen scannen und drucken
Ein Erfahrungsbericht von Hans Tilp

Als während der letzten Wochen eine Getriebereparatur einer meiner Zündapps ins Haus stand, tauchte es wieder einmal auf, das (zugegebenermaßen kleine) Problem mit den neuen Gehäusedichtungen. Klar, mittlerweile gibt es wunderbare Dichtmassen auf dem Markt, hitzebeständig, dauerelastisch, usw.. Kosten gar nicht mal viel Geld und sind wirklich vielseitig brauchbar. Völlig ersetzen können diese Dichtmassen die Papierdichtungen freilich immer dann nicht, wenn die Abstände zwischen den Bauteilen nicht ganz unwichtig sind, z.B. bei der Zylinderfußdichtung und so mancher Gehäusedichtung. Und wenn die alte Dichtung hoffnungslos hinüber ist, weil sie sich z.B. nicht vernünftig demontieren ließ, kann man sie auch nicht mehr mit neuer Dichtmasse einbauen.

Der Laden, bei dem ich normalerweise Ersatzteile für meine Mopeds kaufe, hatte leider nichts mehr für den gewünschten Typ, und andere Händler hielten für ein paar Stückchen Papier richtig die Hand auf: Zehn Mark pro Gehäusedichtung des Motorblocks, fast sieben für eine Fußdichtung. Rechnet man den Versand dazu, sind da schnell über 30,- Mark weg. Nun mag das manchem egal sein, doch andere rechnen gerne mit dem spitzen Bleistift und sehen vor allen Dingen nicht ein, weshalb man für etwas bezahlt, was man auch selber machen kann. Im Laufe einer Teil- oder Komplettrestaurierung summieren sich gerade solche Kleckerbeträge ganz erstaunlich, von einem langen Schrauberleben will ich mal gar nicht reden.

Daß man Papierdichtungen selbst machen kann (und manchmal muß), ist an sich nichts Neues. Entsprechendes Papier in den verschiedensten Stärken gibt’s direkt oder per Versand bei vielen Motorrad-Zubehörläden wie z.B. Götz. Auch bei einer besseren Werkstatt sollte man sowas vielleicht bekommen. In meinem Fall war es eine Zylinderschleiferei, fast um die Ecke. Im kühlen, etwas feuchten Kellerraum jeweils auf einem Meter breiten Rollen - ich mußte dann nur noch wählen, wieviele Zentimeter ich wovon haben wollte. Im Vergleich zu den mitunter üblichen 50 x 50 cm großen Stücken des Zubehörhandels hat das Vorteile, weil das weniger Verschnitt bedeuten kann.

Ein bekanntes Verfahren, um aus dem Papier anschließend eine maßhaltige Dichtung schneiden zu können, ist die Arbeit mit Fett. Dichtfläche einstreichen, aufs Papier drücken, und fertig ist die Vorlage. Wer seine Motoren während seines Schrauberlebens öfter mal zerlegt, stempelt auch so oft. Und bei einer Zylinderfußdichtung stößt man schnell an Grenzen: Im Gehäuse sind noch die Stehbolzen, die eigentlich drin bleiben könnten, und ein Zylinder ist unten nicht bündig!

Natürlich, Fußdichtungen kann man (wie alle anderen alten, hoffentlich unzerissenen Papierdichtungen auch), auf das neue Dichtungspapier legen und dann nachzeichnen. Vielleicht noch festkleben, damit nichts verrutscht. Aber auch das tut man so oft, so oft man auch an seinen Motoren schraubt. Auf Dauer fehlt die Eleganz.

Eines der eleganteren Verfahren ist die Sache mit dem Kopierer. Ich habe das vor Jahren mal in der Oldtimer-Praxis gelesen. Gehäuse oder alte Dichtung auf den Kopierer geworfen, Dichtungspapier mit der unbedruckten Seite richtig in den Einzug gelegt, und ratz fatz ist die Vorlage zum Ausschneiden fertig. Wenn man seine Gehäuseteile nicht jedes mal zum nächsten Kopier schleppen möchte (der auf dem Land ja auch schon mal erst in der nächsten Stadt sein kann), macht sich beim ersten Mal eine zusätzliche Kopie, die er künftig immer wieder als Vorlage benutzen kann. Ich muß sagen, dieses Prinzip gefällt mir gut, und wenn die Teile ein gutes Stück größer sind als DIN A4, gefällt es mir sogar sehr gut.

Mittlerweile - und die Zeit ist ja nach dem Zündapp-Konkurs von 1984 nicht stehen geblieben - ist einem der eigene PC aber oft schon näher als der nächste Kopierer. Daß so ein PC auch in der Oldtimerei langsam seinen Platz findet, zeigt übrigens das 60-Jahre-Zündapp-Buch auf CD-Rom (vom holländischen Zündapp-Club); zeigen andere Clubmitglieder oder Teilehändler, die man neuerdings immer öfter per e-mail erreichen kann und die oft auch eine Homepage haben. Ich traue mich zu sagen, daß wir in einigen Jahren, wenn wir die Langsamkeit heutiger Telefonanschlüsse hinter uns gelassen haben, ganze Ersatzteilkataloge (für deren simple Nachdrucke auf Teilemärkten tlw. über 30,- Mark verlangt werden!) jederzeit, schnell und zu einem Bruchteil heutiger Kosten über das Internet verfügbar sind. Und noch einige andere Dinge mehr wird es geben, an die wir heute noch nicht denken.

Aber das nur am Rande. Neben dem PC gehört auch ein Scanner vielerorts schon zur Ausrüstung. Wie mit dem Kopierer können natürlich auch damit Gehäusedichtflächen und alte Dichtungen gescannt werden. Wer sein Gehäuse oder die alte Dichtung nicht vorher blitzblank schrubben mag (oder anschließend den Scanner) legt ein Stück Klarsichtfolie dazwischen. Und oben auf die alten, oft öligen Dichtungen ein Stück weißes Papier. Schon die einfachsten 100-Mark-Scanner bieten im Lieferumfang ein Bildbearbeitungsprogramm, mit dem sich die Vorlage nachbearbeiten läßt. Und natürlich speichern. Und jederzeit auf Dichtungspapier ausdrucken. Notfalls an einem Samstag abend um 11, wenn man am Sonntag mit dem überholten Motor auf ein Oldtimertreffen fahren möchte...

Zum Verfahren ein paar Erfahrungen, die ich gemacht habe und die nicht unbedingt jeder neu machen muß:

1. Nach Möglichkeit das Gehäuse selbst scannen und nicht die alte Dichtung. Alte Dichtungen sind dünn, wellig und manchmal auch zerfetzt durch die Demontage. Es ist gerade bei dünnen, langen Gehäusedichtungen mitunter schwer, sie so auf den Scanner zu bringen, wie sie später wirklich sein sollen, Abweichungen später bei den Löchern sind lästig und machen die Vorlage unbrauchbar. Das bessere und exaktere Ergebnis entsteht immer bei einem gescannten Gehäuseteil. Dicke Dichtungen und stabile (wie Fußdichtungen) machen keine Probleme.

2. An den Gehäuseteilen herausstehende Paßbuchsen stören, wenn sie nur einige Millimeter vorstehen, nicht unbedingt. Trotzdem sollte man natürlich die plane Seite scannen, so es denn eine gibt.

3. Eine Auflösung von 200 dpi, so wie ich sie gewählt habe, ist schon sehr reichlich. Um die 100 würden es allemal tun. Das Scannen geht schneller und die spätere Datei ist wesentlich kleiner. Auch reicht ein Scannen in Grautönen, also nicht farbig.

4. Ich habe nach dem Scannen das Bild umgekehrt (invertiert), so daß die spätere Dichtung weiß auf schwarzen Grund erscheint und die Dichtung nicht bedruckt wird. Um nicht zuviel Tinte zu verdrucken, muß man dann freilich einiges von dem Schwarzen außen und innen wegradieren bzw löschen.

5. Ein Probeausdruck einer erstmals gesacannten Dichtung auf ganz normales Papier und ein Abgleich mit dem Gehäuse ist weitaus billiger, als auch nur einmal Dichtungspapier falsch zu bedrucken. Nichts ist ärgerlicher als Löcher, die später, aus welchen Gründen auch immer, nicht passen.

6. Scanner scannen in der Regel einen kompletten DIN A4-Bereich. Das ist größer als der durch einen A4- Drucker bedruckbare Bereich. Manche Bildbearbeitungsprogramme haben deshalb die Eigenart, Bilder, die größer sind als der bedruckbare Bereich, automatisch anzupassen, sprich kleiner zu machen. Eine kleinere Dichtung passt aber nicht mehr zum Gehäuse! Diese Funktion des automatischen Anpassen läßt sich ggf. umgehen, wenn man das Bild dreht und/oder bei der Druckereinrichtung dem Drucker ein größeres Papierformat mitteilt. Auf diese Art lassen sich auch Bilder drucken, die ein klein wenig größer (z.B. länger) sind als DIN A4, ja vielleicht sogar in zwei Schritten gescannt wurden.

7. Man sollte darauf achten, welche Papierstärke der Drucker verarbeiten kann. 0,5 mm-Dichtungspapier geht in der Regel schon noch. Bei manchen Druckern muß die Papierstärke eingestellt werden.

8. Dichtungspapier wird gerne zusammengerollt, weils so knitterfrei bleibt und weniger Platz braucht. Damit das Papier im Drucker nicht verhakt, unbedingt vorne plan streichen oder gegenrollen.

Nach dem Drucken muß die Dichtung wie üblich ausgeschnitten werden, mit Schere und Tapetenmesser (für die Löcher) geht das aber ganz gut. Und um noch einmal auf die Kosten zu kommen: Das von mir für 10,- Mark gekaufte Dichtungspapier (je einmal 100 cm x 25 cm in 0,3 mm und 0,5 mm Stärke) reicht bequem für drei Gehäusedichtungen und ungefähr 12 Fußdichtungen. Nicht, daß ich jetzt 12 Fußdichtungen gebraucht hätte, aber beim freundlichen Händler hätten mich diese Dichtungen schlappe 108,- Mark plus Versand gekostet.

Fazit: Insgesamt hat mich diese Art, Gehäusedichtung zu scannen, beim ersten Mal schon ein paar Nerven gekostet (Wahl der richtigen Vorlage, Druckeranpassung). Wenn man aber den Bogen raus hat, ist es sehr einfach. Und wenn erst einmal das Muster gespeichert ist, ist es ein Kinderspiel.

Hans Tilp, Juni 1999

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